Über das Trinken

Blicken wir auf die Anfänge des Faslams zu Beginn der Fünfzigerjahre zurück, erscheint uns manches von damals reichlich übertrieben. So fanden zuerst an zwei oder gar drei Abenden Tanzveranstaltungen statt. Beim Schnorren kehrte die fröhliche Gesellschaft überall ein, als sei jede Wohnung im Dorf ein Festlokal. Und wenn im Gasthaus die Lichter ausgingen, zogen viele Faslamsbrüder wie auch –schwestern zum Nachtvesper mit in die Häuser ihrer Freunde. Die tollste Ausgelassenheit zeigte sich in den Jahren nach Kriegsende aber wohl darin, dass viele junge Männer glaubten, ohne Alkohol könne keiner Faslam feiern. Für manche junge Vatertiere begann und endete der Faslam mit Bier und Korn.

 

Erich Menke kommt ins Gasthaus, ruft zum Faslam auf und gleich wird Runde um Runde getrunken. Aus Freude und Unterhaltung wird später am Abend Lärm, manchmal Prügelei; man bringt die ersten Faslamsbrüder in die sogenannte Ausnüchterungszelle, einen Raum, der die Verbindung zwischen Flur und Küche herstellte und von der Wirtin für diese besondere sanitäre Aufgabe während des Faslams zur Verfügung gestellt wurde. Wie sich die Hartgesottenen noch heute erinnern, war dieser Raum über alle Faslamstage hinweg gut belegt.

 

Da es für den harten Kern der Faslamsbrüder in den ersten Jahren vermutlich gar nicht ohne Alkohol gehen wollte, Bier und Korn zusammen jedoch 0,40 DM kosteten, hatte mancher der Teilnehmer vorher zu Hause mit Schwarzbrennerei gut vorgesorgt. Wenn Karl Schütt heute sagt, allein auf dem Weg beim Schnorren von Främbs über Lührs- und Eylershoff bis hinauf zum Perhop habe man in einem der ersten Jahre 29 Flaschen Schnaps nötig gehabt, davon sieben allein schon bei Lüers und Eylers, gewinnen wir heute wohl den Eindruck, dass die Faslamsbrüder damals einer anderen Rangordnung beim Faslam folgten als heute.

 

Ein andermal kehrten die Schnorrer bei Schorsch Krug ein und machten sich dort -vielleicht versehentlich- über einen Behälter mit Weinessig her. Dabei überkam es Hermann von der Heide. Er fand den Heimweg nicht und konnte nicht auf seinen Beinen stehen. Seine Begleiter aber waren auch nicht in der Lage, ihn zu stützen. So fiel er abseits vom Weg auf einen Acker, und darauf packten seine Begleiter ihn bei den Gliedmaßen und zogen ihn querfeldein nach Hause.

 

Ein Faslamstag konnte auch anders zu Ende gehen. Der Genuss von Korn und Bier regte zuweilen auch zu singen an. Allerorts, beinahe als eine Art Hymne galt ”Alle Faslamsbrüder leben so wie ich und du,...”. Das war bisher auch in Nindorf alle Jahre wieder der bekannte Schlager der Faslamsleute, ob beim Trinken, Tanzen oder Schnorren.

 

Aber die Nindorfer erinnern sich noch heute, dass der Ohrwurm der Siebzigerjahre auch anders hieß, nämlich ”Nindorfer Nächte sind lang...”.

Der Alkohol konnte sich auch noch von einer anderen Seite zeigen. Er regte nicht nur zum Singen an, sondern förderte auch lautes Gerede, das in Streit ausartete, der oft genug zu derb-groben Prügeleien auswuchs und stets bereitwillig, tüchtig und schlagkräftig durch das Eingreifen von Karl Schütt, Günter Koeplin und Waldemar Kornack beigelegt wurde. Wie bei vielen Tanzveranstaltungen, so endeten auch beim Faslam manche Abende mit handfesten oder faustdicken Argumenten.

 

Lange Zeit trafen sich die Vertreter der Wasserinteressengemeinschaft und die Faslamsbrüder zum Saalschmücken gleichzeitig. Wieder ein Grund etwas mehr zu trinken!

 

Ehemalige Fastnachter sind heute noch der Meinung, dass in manchen Jahren am Abend nach dem Faslam, am Dienstagabend, wenn die Tanzfläche aufgeräumt wurde, noch mehr getrunken worden ist als an den eigentlichen Faslamstagen. Eine eher traurige Bilanz, aber es war vom Faslam jedes Jahr noch Geld in der Kasse geblieben.

 

Es schien ein Relikt aus der Kaiserzeit zu sein, wenn beim Faslam zwischen den Kriegen ein Gendarm anwesend war, der sich während der Feierlichkeiten an den tollen Tagen von Amts wegen in der Wohnstube der Wirtsleute aufhielt und bei tätlichen Auseinandersetzungen jederzeit gerufen werden konnte, um Streit zu schlichten. Das war vor siebzig und achtzig Jahren und erregt heute vielleicht ein wenig Kopfschütteln. Auch am Geschehen des Faslams hat sich in achtzig Jahren manches geändert.